Im Folgenden werden die wichtigsten Ergebnisse einer qualitativen Erhebung präsentiert, die im Sommersemester 2019 von einer Gruppe von Studierenden durchgeführt wurde. Das Ziel der Erhebung war es, einen ersten Eindruck über die derzeitige Arbeitsweise beim Thema Manga und Anime in öffentlichen Bibliotheken zu gewinnen.
Es wurden Interviews in 16 öffentlichen Bibliotheken durchgeführt. Dabei wurden zehn Fragestellungen zum Bestand in den Bibliotheken, der Vorgehensweise bei der Beschaffung und Aufstellung von Manga und Anime, sowie zu den Wünschen, Fragen und Bedenken von Bibliothekarinnen und Bibliothekaren in Bezug auf Manga und Anime bearbeitet.
Die Ergebnisse beinhalten wichtige Beobachtungen sowie Erkenntnisse über den gegenwärtigen Zustand in den befragten Bibliotheken, zudem konnten die Wünsche und Anforderungen zum Inhalt und der Struktur der Webseite ermittelt werden.
Die Ergebnisse der einzelnen Fragestellungen können im Folgenden eingesehen werden:
In den jeweiligen Beständen der befragten Bibliotheken findet man eine erstaunliche Vielfalt an Manga, die sowohl Klassiker, als auch aktuelle Titel umfasst. Die meisten Überschneidungen zwischen diesen Bibliotheksbeständen treten bei den Klassikern auf. Hierzu gehören unter anderem Black Butler, Detektiv Conan, Yu-Gi-Oh!, Dragon Ball (einschließlich Dragon Ball Z und Dragon Ball Super), Naruto, Pokémon, The Legend of Zelda und One Piece.
Deutlich zu erkennen ist, dass überwiegend die Zielgruppe Shōnen angesprochen wird. Daher sind die meisten Manga im Kinder- und Jugendbereich vorzufinden. Vereinzelt stößt man auch im Erwachsenenbereich auf Manga wie zum Beispiel Uzumaki – Spiral Into Horror. Der Fokus bei den Erwachsenen liegt jedoch zunehmend auf Graphic Novels.
Manche Bibliotheken unterscheiden hierbei nicht zwischen Manga, Comics und Graphic Novels, wodurch teilweise keine genaue Auskunft über die vorhanden Medieneinheiten (ME) gegeben werden konnte. Eine Bibliothek konnte jedoch mit 2000 ME überzeugen. Bei den Anime ist diese Zahl dagegen deutlich geringer. Grund hierfür ist mitunter, dass im Gegensatz zu den Manga, oftmals keine vollständigen Serien aufgenommen werden. Nur wenige Bibliotheken gaben an, auch Anime Serien im Bestand zu führen.
Ähnlich wie bei den Manga, sind auch Anime vorwiegend im Kinder- und Jugendbereich zu finden – meist jedoch nur vereinzelt. Diese erhalten teilweise auch keine eindeutigen Schlagwörter, um zu kennzeichnen, dass es sich bei der entsprechenden DVD oder Blu-Ray um einen Anime handelt.
Besonders beliebt sind die Anime des Zeichentrickfilmstudios Studio Ghibli. Hierzu gehören unter anderem Mein Nachbar Totoro, Prinzessin Mononoke, Chihiros Reise ins Zauberland und Das wandelnde Schloss. Auch die Filme des Regisseurs Makoto Shinkai, wie zum Beispiel Children Who Chase Lost Voices, und Your Name. – Gestern, heute und für immer, sind öfters vertreten. Einige der genannten Manga tauchen auch als Verfilmungen bei den audiovisuellen Medien auf. Dabei wurden Detektiv Conan und Pokémon am häufigsten genannt.
Darüber hinaus haben drei Bibliotheken die Zeitschrift AnimaniA abonniert, die über Manga, Anime und die japanische Popkultur im Allgemeinen informiert.
Insgesamt war das Feedback zu den Ausleihzahlen der vergangenen zwei bis drei Jahre recht positiv. Von den befragten Bibliotheken gaben elf Stück an, dass die Zahlen stabil sind und sogar noch weiter steigen. Lediglich zwei Einrichtungen gaben an, dass die Ausleihzahlen rückläufig sind. Zwei weitere Bibliotheken, welche in diesem Zusammenhang befragt wurden, sprachen von konstanten, unveränderten Ausleihzahlen.
Hauptsächlich Klassiker wie Detektiv Conan, Dragon Ball, Naruto oder One Piece sind noch immer beliebt und werden daher häufig ausgeliehen. In seltenen Fällen sind die Neuerscheinungen beliebter.
Auffallend ist, dass Änderungen in der Präsentationsart, wie z. B. eine Frontalpräsentation, meist zu steigenden Ausleihzahlen führen.
Als führender Komplettanbieter für Bibliotheken stellt sich die ekz auch bei der Auswahl von Manga und Anime als der beliebteste Service für die Medienbeschaffung heraus. 14 der befragten Bibliotheken gaben an, dass sie Manga auf Empfehlung der bereitgestellten ID-Zettel erwerben. Ein Vorteil hierbei ist, dass diese bereits gebunden und in ausleihfertigem Zustand geliefert werden und somit den Bibliotheksmitarbeitern zusätzliche Arbeit ersparen. Jedoch hat nur eine Bibliothek angegeben, dass sie die Titel über Standing Order bezieht.
Neben der ekz zählen mit sieben Nennungen auch Buchhandlungen zu einer verbreiteten Bezugsquelle für Manga und insbesondere Anime. Hierbei wurden sowohl örtliche Buchhandlungen, als auch größere Buchhändler wie Osiander und Thalia erwähnt. Darüber hinaus nannte eine Bibliothek auch den Medienversandhändler jpc und eine andere den internationalen Onlineversandhändler Amazon.
Zusätzlich erwähnte eine Bibliothek, dass sie auch Bücherspenden in Form von Manga annimmt. Eine weitere Herangehensweise zu diesem Thema steuerte dagegen eine andere Bibliothek bei. Diese führt eine Wunschliste auf Amazon, die Medien enthält, welche von den jungen Bibliotheksnutzern gewünscht werden. Diejenigen, die sich bei der Bibliothek mit einer Spende bedanken wollen, können einen oder auch mehrere der aufgelisteten Artikel für die Bibliothek erwerben, um dadurch den Kindern und Jugendlichen eine Freude zu bereiten.
In vielen Fällen konnte das Budget nicht direkt angegeben werden, da es Teil einer gesamten Abteilung ist und sich daher einzelne Ausgaben für Manga und Anime nicht exakt trennen lassen. Bei den Bibliotheken, welche genaue Zahlen nennen konnten, beträgt der durchschnittliche Etat für Manga und Anime rund 1800 Euro. Je nach Größe der Einrichtung stehen Komplett-Etats von 200 Euro bis 4000 Euro zur Verfügung.
Häufig sind daher Manga und Anime meist im Kinderbereich mit integriert, in seltenen Fällen allerdings auch im Jugendbereich ab 13 Jahren. Dort wird das Budget dann mit Graphic Novels und Comics geteilt.
Bei der Recherche vor Ort ist deutlich geworden, dass es zwar sehr unterschiedliche Auswahlkriterien gibt, aber so gut wie jede Bibliothek den Informationsdienst (ID) der ekz nutzt. Auch Lektoren, die gerne privat Manga lesen oder Anime schauen und sich ganz gut in dem Genre auskennen, nutzen trotzdem den ID als Grundlage. Darüber hinaus gibt es für die Auswahl sehr vielfältige Kriterien, die von Bibliothek zu Bibliothek stark variieren. Häufig wurden hier Leserwünsche und Bekanntheit der Manga und Anime genannt. Von manchen Lektoren wird zum Beispiel geprüft, ob Manga verfilmt werden, um diese rechtzeitig zum Erscheinen im Kino oder auf Streaming-Portalen im Bestand zu haben. Anscheinend konnte schon häufig festgestellt werden, dass Manga durch Verfilmungen an Bekanntheit gewinnen und dann in der Bibliothek stark nachgefragt werden. Obwohl Trends, Bekanntheit und Nutzerwünsche oft beim Kauf berücksichtigt werden, prüfen die Lektoren eigentlich immer, ab welchem Alter die Manga und Anime freigegeben sind und ob die Inhalte gewaltverherrlichend sind oder das Frauenbild verzerren. Als Konsequenz werden solche Manga und Anime aus dem Bestand ausgeschlossen oder im besten Fall gar nicht erst erworben. Einige Bibliotheken haben strikte Ausschlusskriterien bezüglich der Altersbegrenzung. Während es in manchen Bibliotheken Manga und Anime im Erwachsenenbereich gibt, kaufen andere gar keine Manga, die erst ab einem Alter von 14+ freigegeben werden. Aber auch hier sind die Grenzen unterschiedlich. Während eine Bibliothek keine Manga ab 14 Jahren und darüber in den Bestand aufnimmt, liegt die Grenze der nächsten bei einer Altersfreigabe ab 15 und bei einer Bibliothek ab 16 Jahren. Die Hauptzielgruppe haben aber fast alle Bibliotheken gemeinsam. Hierbei handelt es sich um Mädchen in einem Alter um die 13 Jahre. Da diese Zielgruppe anscheinend sehr gerne Manga zum Thema „Romantik“ liest, ist dieses Genre in fast allen Bibliotheken sehr stark vertreten.
Wie bei der Auswahl der Manga, gibt es auch im Bereich Anime ganz klare Auswahlkriterien. In vielen Bibliotheken wird zum Beispiel darauf geachtet, keine Anime mit FSK 16 oder FSK 18 zu kaufen und die Inhalte dürfen auch hier nicht gewaltverherrlichend oder sexistisch sein. Die ID-Bewertungen sind hierbei anscheinend sehr hilfreich. Neben dem ID nutzen manche Lektoren auch Buchmessen oder Fachmessen wie die AnimagiC, um sich über angesagte Neuerscheinungen zu informieren. Wer es weniger aufwendig mag, kann auch schauen, ob es in der Nähe einen Comicladen oder eine Buchhandlung mit einer Manga-Abteilung gibt und sich dort inspirieren lassen. Um den Lektoren die Auswahl zu erleichtern, kam in manchen Gesprächen die Idee auf, dass es auf der Webseite Manga und Anime Charts geben könnte. Diese müssten natürlich in regelmäßigen Abständen aktualisiert werden.
In den meisten Bibliotheken wird die Auswahl durch den Lektor des Kinder- und Jugendbereichs vorgenommen. In einer Bibliothek übernimmt die Azubine die Auswahl der Manga und Anime im Kinder- und Jugendbereich, da sie ein persönliches Interesse an Manga hat und sich deshalb sehr gut in diesem Gebiet auskennt. In zwei Fällen werden die Manga und Anime von FaMIs ausgewählt.
Bei sechs der 16 Bibliotheken waren die Manga ausschließlich im Jugendbereich angesiedelt. Hier sind Manga zu finden, welche für 12 bis 14, bzw. 16-Jährige geeignet sind. Andere Bibliotheken hatten sie im Kinder- und im Jugendbereich untergebracht. Nur zwei Bibliotheken haben Manga im Sortiment, welche ausschließlich für Erwachsene bestimmt sind.
Bei den Altersangaben wird sich an den Vorgaben der ekz orientiert, jedoch entscheiden viele Bibliothekare am Ende nach eigenem Ermessen. Um jüngeren Nutzern das Lesen von ungeeigneter Lektüre zu erschweren, werden die Medien, welche ab dem 16. Lebensjahr entleihbar sind, meist auf den oberen Regalen untergebracht und im System mit einer Altersbeschränkung versehen.
In den Bibliotheken gibt es verschiedenste Sitzmöglichkeiten, doch nur zwei Bibliotheken besitzen einen Bereich, der ausschließlich für Manga- und Comicleser vorgesehen ist. Es stehen den Nutzern Sofas und Sitzkissen zur Verfügung, die zum gemütlichen Schmökern einladen sollen.
Zum Thema Reihen in Bibliotheken wurden sehr unterschiedliche Ansätze gefunden. Während zwei Bibliotheken gar keine Reihen mehr erwerben, werden in den meisten Bibliotheken zumindest kleine Reihen angeboten. Als „klein“ wurden in diesem Zusammenhang Reihen genannt, die weniger als 30 Bände umfassen. Als Grund für diese Eingrenzung wurde meist fehlender Platz oder ein zu geringer Etat genannt. Ausnahmen gibt es allerdings immer wieder. So werden Klassiker wie Detektiv Conan, One Piece, Naruto oder Black Butler häufig noch erworben, obwohl sie inzwischen teilweise über 100 Bände umfassen. Hier ist die Nachfrage jedoch immer noch so hoch, dass sich diese Ausnahme auch lohnt. Sechs Bibliotheken haben angegeben, dass sie auch lange Reihen erwerben, solange sie gut laufen.
Bei der Recherche vor Ort ist deutlich geworden, dass alle Bibliotheken sehr großen Wert auf die Vollständigkeit der angefangenen Reihen legen. Werden Bände einer Reihe makuliert, so werden sie, wenn möglich, wieder neu gekauft, insofern die Ausleihzahlen stabil sind. Es kann trotzdem vorkommen, dass es gerade bei älteren Reihen Lücken im Bestand gibt, da manche Serien und Bände nicht mehr gedruckt werden. Den Erfahrungen eines Lektors zufolge, kann man Manga bis zu fünf Jahre nach Erscheinen gut nachkaufen, danach wird es teilweise schwierig. Drei Bibliotheken haben angegeben, dass Reihen nur dann nicht mehr fortgesetzt werden, wenn die Altersempfehlung zu stark nach oben gesetzt wird und die Reihe somit nicht mehr für den Kinder- oder Jugendbereich geeignet ist. Wie bei Frage Nummer 5 gilt auch hier, dass in manchen Bibliotheken keine Manga mit einer Altersfreigabe ab 14, 15 oder 16 Jahren erworben werden.
Ebenso wie die Vollständigkeit der Reihen, ist es fast allen Bibliotheken sehr wichtig, Fortsetzungen möglichst direkt nach Erscheinen zu erwerben. Zwei Bibliotheken nutzen dafür die Standing Order der ekz. Andere Bibliotheken haben sich in Word oder Excel Listen angelegt. Dort wird eingetragen, welche Reihen im Bestand sind, welche Bände bereits erworben wurden und wann das voraussichtliche Erscheinungsdatum der nächsten Fortsetzung ist. Diese Listen zu pflegen ist sehr zeitaufwendig, allerdings ist es den Lektoren die Mühe wert, wenn dadurch eine möglichst zeitnahe Erwerbung möglich wird.
Durch die Gespräche mit den Lektoren hat sich zudem herausgestellt, dass es häufig schwierig ist, den Umfang einer neuen Reihe einzuschätzen. Im Zweifelsfall werden diese Reihen dann erstmal nicht erworben, um Platz- oder Etatmangel zu vermeiden. Bezüglich Anime haben fast alle Bibliotheken angegeben, dass sie keine Anime-Serien erwerben. Diese wären zu teuer und würden den Etat für Kinder- und Jugendfilme sprengen.
Manga und Anime-Serien beinhalten in vielen Fällen gewalttätige, sexuell explizite und moralisch fragwürdige Inhalte, auch wenn sie sich an jüngere Zielgruppen wie Shōnen richten. So werden oftmals Serien, die anfangs relativ harmlose Inhalte aufweisen, nach einigen Bänden zunehmend gewalttätiger, sodass sich die Anschaffung und Aufstellung von selbst populären und relevanten Serien als schwierig erweist.
Der Großteil der befragten Bibliotheken verzichtet hierbei auf die Anschaffung von Serien mit gewalttätigem und sexuell explizitem Inhalt. Hierbei verlässt sich das zuständige Lektorat meistens auf die Altersbegrenzungen, die von der ekz vorgegeben werden, welche in den ID-Zetteln u.a. die Inhaltsangabe, Altersbegrenzung und Zielgruppe angeben. In bestimmten Fällen sortieren Lektorate Manga-Reihen aus, die seit Jahren im Bestand sind, jedoch sexistische Inhalte und hohe Gewaltdarstellungen beinhalten. Meist werden diese nicht mehr neu angeschafft.
Es herrscht zudem die allgemeine Meinung, dass Inhalte sowohl in Manga als auch in Anime von der Erzählung und Bildhaftigkeit her als übertrieben und teilweise extrem dargestellt werden. Manga-Klassiker wie Detektiv Conan, Naruto und One Piece, sowie beliebte Serien aus der jüngeren Vergangenheit wie My Hero Academia werden im Kinder-, teilweise auch im Jugendbereich, aufgestellt, obwohl diese eine zunehmende Gewaltdarstellung aufweisen. Als Grund für die Aufstellung im Kinder- bzw. Jugendbereich wird hier die hohe Beliebtheit der oben genannten Serien bei der jüngeren Zielgruppe genannt.
Bei der Anschaffung von populären Serien wie Attack on Titan sind viele Bibliotheken unschlüssig. Diese sind zwar ab 16 Jahren freigegeben, verfügen jedoch über ausgesprochen gewalttätige Inhalte, sodass viele Lektorate sich gegen die Einführung solcher Titel entscheiden. Bibliotheken, die Attack on Titan eingeführt haben, stellen diese im Jugendbereich auf. Auf Manga-Titel, die ab 18 Jahren freigegeben sind, wird in der Regel komplett verzichtet, da Nutzer diese auch vor Ort anschauen können, ohne diese auszuleihen, womit die Altersbeschränkung umgangen werden kann.
Nach der Auswertung der Umfrage wurden, um eine Übersicht darbieten zu können, die Antworten der Stadtbibliotheken in vier Kategorien eingeteilt. Diese sind „Zeichenworkshop“, „Andere Angebote“, „Mehrere Angebote“ und „Keine Angebote“.
Keine Veranstaltungen
Sieben der 16 befragten Stadtbibliotheken boten keinerlei Veranstaltungen zum Thema Manga oder Anime an (im Diagramm gelb markiert). Zwei von ihnen hatten jedoch zu einem früheren Zeitpunkt einen Zeichenworkshop in ihrem Veranstaltungsprogramm.
Zeichenworkshop
Der Zeichenworkshop ist eines der geläufigsten Programmangebote im Bereich Manga und Anime. Fünf Bibliotheken bieten ausschließlich diesen an (im Diagramm blau gekennzeichnet). Auch die zwei Bibliotheken, die mehrere Veranstaltungen anbieten, haben jeweils einen Zeichenworkshop im Programm. Somit werden Zeichenworkshops in sieben der 16 Bibliotheken angeboten.
Eine andere Veranstaltung
Zwei Stadtbibliotheken (im Diagramm orange gekennzeichnet) bieten keinen Workshop zum Zeichnen an, sondern haben eine andere Veranstaltung zum Thema. Eine Bibliothek organisiert regelmäßige Treffen, bei denen Manga, Anime und alles was dazugehört, besprochen wird. Die andere Bibliothek bietet Cosplay Events an, welche sich großer Beliebtheit erfreuen.
Mehrere Veranstaltungen
Ausschließlich zwei der 16 Bibliotheken haben mehrere Veranstaltungen zu Manga und Anime in ihrem Programm (hier grau markiert). Zum einen gibt es auch hier, wie bereits erwähnt, Zeichenworkshops. Zum anderen treffen sich zahlreiche Anime und Manga-Liebhaber einmal im Monat. Bei diesen Treffen werden nicht nur neue Manga und Anime besprochen, sondern auch zahlreiche Aktivitäten gemeinsam durchgeführt. In diesem Bereich gibt es auch die klassische Lesenacht, sowie die „Anime Nacht“, bei der verschiedenste Anime angeschaut werden. Es wurden auch schon Synchronsprecher von Anime-Charakteren zum Gespräch eingeladen und Teilnehmer durften Anime selbst vertonen.
Des Weiteren wird natürlich auch ein Augenmerk auf die japanische Kultur gelegt. So lernen die Teilnehmer gemeinsam japanisch und die Bibliothek leitet Schüleraustausche in die Wege. Es wird zusammen gebastelt und japanisch gekocht. Hier steht als nächstes beispielsweise das Kreieren von Bentō-Boxen auf dem Plan.
Wenn in der Stadt Veranstaltungen mit Bezug auf Manga und Anime stattfinden, bieten diese zwei Stadtbibliotheken passende Angebote an. Die Cosplayer können zum Beispiel die geschlossene Bibliothek als Fotolocation nutzen. 3D-Workshops werden angeboten, damit die Teilnehmer ihre Kostüme kostengünstig und mit wenig Zeitaufwand herstellen können. Auch finden während der Conventions kleine Manga Ausstellungen in den Bibliotheken statt.
Die Angebote dieser zwei Bibliotheken sind natürlich sehr umfangreich und können in diesem Ausmaß nicht überall umgesetzt werden.
Bei der letzten Fragestellung wurden der Bedarf, sowie die Anforderungen an eine Webseite abgefragt, die öffentlichen Bibliotheken, und insbesondere den für Manga und Anime zuständigen Personen, als Ratgeber und Hilfestellung dienen soll. Grundsätzlich wurde die Erstellung einer Webseite als sehr positiv und wünschenswert empfunden. Die konkreten Wünsche und Anforderungen an eine Webseite können in vier Kategorien eingeteilt werden:
1. Wünsche/Anforderungen an die Webseite allgemein
Die Webseite sollte stets gepflegt und aktuell sein. Interesse an einer Webseite, die nicht nachhaltig genutzt werden kann, besteht nicht. Die Webseite sollte als Forum und Überblick über die Manga- und Anime-Szene dienen und gleichermaßen inspirierend, wie informativ sein. Trends sollten erkannt und inhaltlich auf der Webseite behandelt werden. Denkbar und wünschenswert wären Kooperationen der Website-Autoren in Bezug auf Lektorat oder andere Themen mit Bibliotheken, oder einschlägigen Internetseiten.
2. Wünsche nach konkreten Informationen
Zum Teil besteht konkreter Informationsbedarf. Es wurde beispielsweise ein Beitrag gewünscht, der die Zusammenhänge zwischen Manga und Anime behandelt. Eine andere Antwort warf die Frage nach der Leseförderung auf, oder warum es Sinn mache, Manga anzuschaffen. Häufig wurde der Wunsch nach konkreten Best-Practice-Beispielen in Bezug auf Anschaffung, aber auch nach der Aufstellung und Präsentation von Manga und Anime geäußert. Es wird beispielsweise nach Empfehlungen für Möbel für die Aufstellung von Manga gefragt.
3. Wunsch nach Überblickseiten
Am häufigsten wurde der Wunsch nach Überblickseiten unterschiedlicher Art geäußert. Der Informationsbedarf kann dabei als sehr umfassend und vielschichtig bezeichnet werden. Konkrete Wünsche sind Überblickseiten mit Links zu qualitativ hochwertigen Internetseiten, die für Bibliotheken geeignet über Neuerscheinungen informieren. Des Weiteren werden Seiten gewünscht, die
- Verlage auflisten, die Manga anbieten,
- Events auflisten und Übersichten über Veranstaltungen sowie deren Ansprechpartner bieten,
- Künstler (Regisseure und Mangaka) vorstellen,
- abgeschlossene Reihen und kurze, abgeschlossene Serien präsentieren,
- einen Überblick über Genres, Subgenres und Zielgruppen bieten (hier wurde insbesondere ein Überblick von Genres gewünscht, die Jungs zum Lesen animieren sollen),
- eine Übersicht über „Klassiker“ und Must-Haves bieten,
- Neuerscheinungen auflisten.
Besonders häufig wurde der Bedarf nach aktuellen Empfehlungen in Form von Hitlisten geäußert. Die Titel sollten dabei Angaben zum Genre, der Zielgruppe (bzw. einer Einschätzung), dem Preis, einer Beschreibung, einer Altersempfehlung, der Angabe darüber, ob Nacktheit oder Gewalt vorkommen, sowie der Lieferbarkeit des Titels enthalten.
4. Anforderungen an die Struktur
In Bezug auf die Struktur der Webseite wurden Suchfunktionen gewünscht, die es ermöglichen, nach bestimmten Genres oder Themengebiet (wie z.B. alle Werke zum Thema Mobbing) zu suchen. Um Empfehlungen übersichtlich darzustellen, könnten Titel in Form von Paketen (z.B. Basispaket mit Must-Haves für kleinere Bibliotheken, sowie Erweiterungen) zusammengestellt werden.
Bestand
Die meisten Überschneidungen bei den Bibliotheksbeständen treten bei den Klassikern wie Black Butler, Detektiv Conan, Yu-Gi-Oh!, Dragon Ball, Dragon Ball Z und Dragon Ball Super, Naruto, Pokémon, The Legend of Zelda und One Piece auf. Dabei wird überwiegend die Zielgruppe Shōnen angesprochen.
Im Bereich Anime sind besonders die Werke des Zeichentrickfilmstudios Studio Ghibli beliebt. Hierzu gehören unter anderem Mein Nachbar Totoro, Prinzessin Mononoke, Chihiros Reise ins Zauberland und Das wandelnde Schloss. Auch die Filme des Regisseurs Makoto Shinkai, wie zum Beispiel Children Who Chase Lost Voices, und Your Name. – Gestern, heute und für immer, sind häufig vertreten.
Darüber hinaus haben drei Bibliotheken die Zeitschrift AnimaniA abonniert, die über Manga, Anime und die japanische Popkultur im Allgemeinen informiert.
Ausleihen
Insgesamt war das Feedback zu den Ausleihzahlen der vergangenen zwei bis drei Jahre eher positiv. 11 der 16 befragten Bibliotheken gaben an, dass die Zahlen stabil seien oder ansteigen. Lediglich zwei Einrichtungen gaben an, dass die Ausleihzahlen rückläufig seien. Zwei weitere Bibliotheken beschrieben die Ausleihzahlen als konstant und unverändert.
Am häufigsten werden Klassiker wie Detektiv Conan, Dragon Ball, Naruto oder One Piece ausgeliehen. In seltenen Fällen sind Neuerscheinungen beliebter.
Auffallend ist, dass Änderungen in der Präsentationsart wie z.B. zu einer Frontalpräsentation, meist zu steigenden Ausleihzahlen führen.
Beschaffung
Bei der Beschaffung von Manga und Anime wird am häufigsten die ekz.bibliotheksservice GmbH genutzt.
Neben der ekz zählen mit sieben Nennungen auch Buchhandlungen zu einer verbreiteten Bezugsquelle für Manga und insbesondere Anime. Hierbei wurden sowohl örtliche Buchhandlungen, als auch größere Buchhändler wie Osiander und Thalia erwähnt.
Darüber hinaus nannte eine Bibliothek auch den Medienversandhändler jpc, und eine andere den internationalen Onlineversandhändler Amazon.
Budget
Bei den Bibliotheken, die genaue Zahlen nennen konnten, beträgt der durchschnittliche Etat für Manga und Anime rund 1800 Euro. Je nach Größe der Einrichtung stehen Komplett-Etats von 200 Euro bis 4000 Euro zur Verfügung.
Häufig sind Manga und Anime im Kinderbereich integriert, im selteneren Fall auch im Jugendbereich ab 13 Jahren. Dort wird das Budget mit Graphic Novels und Comics geteilt.
Auswahl der Medien
Für die Auswahl von Manga und Anime wird überwiegend der Informationsdienst (ID) der ekz.bibliotheksservice GmbH genutzt.
Die Auswahl wird dabei in den meisten Fällen vom Lektor des Kinder- und Jugendbereichs vorgenommen. Manche Lektoren informieren sich selbstständig über das Erscheinen von Verfilmungen von Manga. Bekannte Manga und Werke, die mehrfach als Leserwunsch geäußert wurden, werden ebenfalls häufig angeschafft.
Weitere Informationsressourcen sind Buchmessen oder Fachmessen wie die AnimagiC, oder Comicbuchläden und Manga-Abteilungen in Buchhandlungen.
Altersempfehlungen werden stets berücksichtigt. Anime mit FSK 16 oder FSK 18 oder gewaltverherrlichenden oder sexistischen Inhalten werden in der Regel nicht angeschafft.
Die Hauptzielgruppe der befragten Bibliotheken sind Mädchen um die 13 Jahre, die Manga zum Thema „Romantik“ lesen.
Aufstellung
Bei den meisten Bibliotheken sind Manga sowohl im Kinder-, als auch im Jugendbereich vorhanden. Bei sechs der befragten Bibliotheken sind Manga ausschließlich im Jugendbereich zu finden.
Zwei Bibliotheken bieten Manga für Erwachsene an.
Bei den Altersangaben orientieren sich die meisten Befragten an der ekz.bibliotheksservice GmbH, entscheiden jedoch nach dem eigenen Ermessen.
Zwei der befragten Bibliotheken besitzen einen Bereich mit Sofas und Sitzkissen, der ausschließlich für Manga- und Comicleser vorgesehen ist.
Umgang mit Reihen
Zwei Bibliotheken beschaffen aus Platz- und finanziellen Gründen gar keine Reihen, die meisten anderen erwerben nur kleine Reihen bis ca. 30 Bände. Ausnahmen gelten für Klassiker, die hohe Ausleihzahlen aufweisen.
Sechs Bibliotheken geben an, dass sie auch lange Reihen erwerben, wenn diese gut laufen.
Auf Vollständigkeit und Aktualität wird Wert gelegt, zwei der Bibliotheken nutzen dafür die Standing Order der ekz.bibliotheksservice GmbH. Andere nutzen Excel-Tabellen, in denen sie Informationen zum Erscheinen der Bände pflegen.
Anime-Serien werden in der Regel aus finanziellen Gründen nicht erworben.
Umgang mit Gewalt, Sexismus und Sexualität
Viele Manga und Anime beinhalten gewalttätige, sexuell explizite und moralisch fragwürdige Inhalte, auch wenn sie an jüngere Zielgruppen gerichtet sind. Viele Bibliotheken verzichten deshalb vollständig auf Anime mit diesen Inhalten. Bei sehr beliebten Serien (z.B. Detektiv Conan) werden trotz verstärkter Gewaltdarstellungen zum Teil Ausnahmen gemacht.
Events
Sieben der 16 befragten Bibliotheken boten zum Zeitpunkt der Befragung keine Veranstaltungen zum Thema Manga oder Anime an, bei sieben weiteren gibt es Zeichenworkshops.
Eine Bibliothek bietet Cosplay-Events an, eine andere organisiert Veranstaltungen zur Manga- und Anime-Szene allgemein.
Zwei der 16 befragten Bibliotheken bieten mehr als eine Veranstaltung zu Manga und Anime an, wie beispielsweise Lesenächte, Anime-Filmnächte oder monatliche Treffen für Anime-Fans mit gemeinsamen Aktivitäten.
Wünsche für die Website
Für die Website wurde einstimmig der Wunsch nach Qualität und Aktualität geäußert, zudem sollen Informationen über die Manga- und Anime-Szene allgemein auf der Seite zu finden sein. Zum Teil bestand der Wunsch nach konkreten Informationen.
Einigkeit herrscht beim Bedarf an Überblicksseiten und Hitlisten zu allen Themen von Erwerb von Manga und Anime, über Künstler, Events bis hin zu Klassikern.
Gewünscht wird eine Suche nach bestimmten Themengebieten (wie z.B. alle Manga zum Thema Mobbing).
Fazit
Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse der vorliegenden Befragung, dass die Herangehensweisen beim Umgang mit Manga und Anime, unabhängig von der Größe der Einrichtungen, bei allen befragten Bibliotheken ähnlich sind. Zudem lässt sich feststellen, dass bei den meisten MitarbeiterInnen, die für das Lektorat dieser Genres zuständig sind, ähnliche Fragen und Bedenken auftreten.
Insgesamt lassen sich aus den Antworten der Umfragen wichtige Hinweise bezüglich der Beschaffung und Aufstellung von Manga und Anime in öffentlichen Bibliotheken ableiten. Diese werden im Folgenden zusammengefasst.
Anmerkungen zur Befragung
Es wird betont, dass die Ergebnisse der Umfragen nicht repräsentativ sind. Es handelt sich hierbei lediglich um eine Zusammenstellung von Erfahrungen mit Manga und Anime in 16, von Studierenden ausgewählten, öffentlichen Bibliotheken unterschiedlicher Größe.
Das Ziel der Studie war es nicht, den gegenwärtigen Zustand aller öffentlichen Bibliotheken einer Region oder eines Bundeslandes zu ermitteln. Vielmehr sollte ein erstes Stimmungsbild über den Umgang von öffentlichen Bibliotheken mit den Genres Manga und Anime erarbeitet werden, indem für das Lektorat zuständige BibliotheksmitarbeiterInnen direkt befragt werden.
Für repräsentative Ergebnisse könnte im nächsten Schritt eine umfassende quantitative Studie durchgeführt werden, bei der öffentliche Bibliotheken in ganz Deutschland (oder darüber hinaus) konkrete Fragestellungen zum Umgang mit Manga und Anime schriftlich beantworten.
Die schriftliche Form ermöglicht einerseits eine hohe Reichweite bei der Befragung. Außerdem zeigte sich bei der Auswertung der vorliegenden Befragung, dass die Antworten, die in schriftlicher Form per E-Mail vorlagen, umfangreicher und detaillierter waren als die der mündlich befragten MitarbeiterInnen. Ein Grund hierfür könnte sein, dass die MitarbeiterInnen beim schriftlichen Beantworten mehr Zeit hatten, Punkte zu ergänzen und auszuformulieren. Dieser Hinweis kann als Handlungsempfehlung für zukünftige Umfragen mitgegeben werden.